"Im September 2023 hatte ich die Gelegenheit, in die Ukraine zu reisen" - von Lwiw über Charkiw und Isjum bis in die Region Donezk berichtete uns Thomas Römbke von den Menschen, ihrem Leben. Was sie verloren haben - und dennoch nicht aufgeben.
In Lwiw kaum Zerstörung - eine wunderschöne Stadt, wie viele vor dem Krieg schön waren. Die Friedhöfe der Kriegsopfer, dicht an dicht die Flagge der Ukraine auf jedem Hügel, waren die bedrückenden Zeugen des Kriegs. Der nicht erst seit zwei sondern seit zehn Jahren herrscht - im Osten des Landes, von dem Thomas Römbke am Ende berichtete.
Petra Kemmerzell aus Oberursel kennt den Fotografen und hatte die Ausstellung bei uns vorgeschlagen. Er nahm uns mit auf die Reise, vor allem zu den Menschen und ihren Lebensgeschichten. Die Bilder unten zeigen nur einen Ausschnitt der katastrophalen Lebensumstände.
Nikolaij - der einzige mit einem Lächeln auf den Bildern. Dessen Frau geflüchtet war, vor kurzem aber zurückkam, weil sie bei ihm sein wollte. Liebe & Hoffnung.
Arthur, schon vor 30 Jahren aus Armenien geflohen. Was vom Haus übrig ist, schimmelt - aber das interessiert kaum. Denn seine Frau starb 2022 durch den Krieg. Die Tochter schickte er zur Flucht in Sicherheit.
Vasyl, im Donezk, dessen Hab und Gut zerstört ist. Seit 15 Monaten ohne Strom. Der versucht, mit Honig von zwei Bienenvölkern über die Runden zu kommen.
Sergij, der immer Selbstversorger war und sein Land bestellte. Das Land ist nun verseucht und voller Minen. Kein Strom, aber Schimmel - in dunklen Stunden Alkohol, und dennoch ein Kämpfer auf der Suche nach Hoffnung.
Neben den Schicksalen dieser Menschen, die wie alle in der Ukraine früher ein ganz normales Leben hatten (ob beruflich erfolgreich oder arm und dennoch zufrieden bis glücklich) stehen die unvorstellbaren Zeugnisse der Angriffe gegen die Zivilbevölkerung:
... die Zerstörungen von Charkiw: u.a. die zerbombten Wohn(hoch)häuser, mittendrin geteilt. Von der Straße sichtbar das Mobiliar, in den offenen Ruinen aller Etagen. Der Stuhl am Abgrund.
... die Massengräber von Isjum - und dazu die Berichte von Folter der dortigen Ukrainer durch die Besatzer, um Hinweise zu erhalten, ...
... dem schnellen Verscharren der Leichen und späterer Exhumierung und ordentlicher Bestattung, als die Frontlinie sich wieder verschoben hatte:
... 445 Verstorbene: 215 Männer, 194 Frauen und 5 Kinder. Und immer noch 31 nicht identifizierbare Leichen.
... das Krankenhaus von Mylolayiv, auf dem Stand unserer 50er/ 60er Jahre - in dem ca. 100 Soldaten behandelt werden können.
Die anschließend die Wahl haben, ob sie ihren Dienst erfüllt sehen oder weiter kämpfen. Ca. 80% gehen zurück zur Front. Können noch, wollen nicht aufgeben.
Das sind nur einige Eindrücke des bewegenden Berichts. Neben einigen Bildern sind unten auch ein Video sowie mehrere Tonmitschnitte. Sehr empfohlen, um mitzufühlen. Wieder aufzurütteln, dass wir diese Menschen weiterhin unterstützen auf dem Weg, den sie wollen. Sie haben das Recht, ihren Weg selbst zu bestimmen.
Menschen mit leerem Blick aber festem Willen. Die nicht zu Russland gehören, keine Russen sein wollen. Deren Land sich gerade Richtung Westen bewegt. Der Probleme wie Kampf gegen Korruption bewusst und entschlossen. Gegen die ein Despot in den Krieg gezogen ist.
"Denn viele im Westen haben das noch nicht verstanden" sagte er in Gesprächen nach dem Vortrag."Was glauben die denn, was passiert, wenn der Westen jetzt nicht unterstützt, wenn Russland gewinnt? Wie viele Millionen dann flüchten und zu uns kommen, weil sie da nicht mehr leben können und wollen?"
(1 von 3) Einige Bilder der Ausstellung
(2 von 3) Kurze Video-Mitschnitte
Vorstellung und Eröffnungsrede am Ende des Clips
(3 von 3) Tonmitschnitte, sehr empfohlen
Die Bilder dazu entstehen im Kopf. Nicht chronologisch, der wohl wichtigste Mitschnitt steht hier als erster.
"Ton 3" - Herausfordernd, aber wichtig: Charkiw, Isjum, Folter, Luftalarm, Blindgänger nebenan, ...
"Ton 1" - Allgemeine Einführung und erste Eindrücke. Arthur, schon aus Armenien geflüchtet - der dazu nicht noch einmal Kraft hat.
"Ton 2" - Begegnung mit Nikolaij
"Ton 4" - Erste russische Soldaten kamen mit Ausgeh-Uniform. Dachten, nach ein paar Tagen würden sie die Ukraine regieren.
Zum Abschluss ein Zitat aus der Einladung zur Veranstaltung:
"Es war eine herzzerreißende Erfahrung, die mich daran erinnerte, wie wichtig es ist, die Geschichten und das Leiden der Menschen in solchen Krisengebieten zu dokumentieren.
Durch meine Fotografien hoffe ich, das Bewusstsein für die Situation in der Ukraine zu schärfen und darauf aufmerksam zu machen, wie dringend Hilfe und Unterstützung benötigt werden."